Ich schlage die Augen auf und bin direkt hellwach. Mein Hirn läuft in Sekundenschnelle hoch wie ein Synapsenferrari. Viertel vor Fünf. Ich ziehe das an, was vorbereitet auf dem Stuhl liegt, schnappe die vorgepackte Tasche, auf den Zehenspitzen ins Bad, Kaffeekapsel läuft fleißig, alles dabei, alles bereit.
Ich werfe noch einen Blick zurück. Meine Tochter schläft weiter in meinen Mann eingekuschelt.
Ziehe die Wohnungstür leise hinter mir zu. Geschafft. Ich stürme los.
5 a.m.
Heute früh bin ich zu Donau gekommen, um zu schreiben. Draußen ist's schon hell und laut Google 9 Grad. Ich habe nun bis 7 Uhr Zeit, dann kehre ich zurück, wecke meine beiden und backe Pfannkuchen mit nur einem übriggebliebenen Ei. Werde wohl etwas strecken müssen.
Als ich rausgehe in das bereits helle Morgen, fliege ich 15 Jahre zurück. Es piepst. 5 a.m. Meine grünleuchtende hässliche Plastikuhr neben dem Bett. Meinen Eltern ist's egal, sie kamen gestern spät nach Hause und wissen nicht, wann ich in der Früh losgehe. Die Frühmorgenzeit ist irgendwie noch aufregender als spätabends. So ein erlaubtes Abenteuer.
Meine damals beste Freundin und ich gehen gleichzeitig raus. 5 a.m. Sie winkt mir schon aus einem rotzigen Innenhof zwei Straßen weiter. Ich grinse. Sankt-Petersburg erwacht. Erwacht mit uns beiden.
Es ist ein Sonntag. Wir laufen zum Fluss. Es ist kühl und das Licht strahlt warm. Ich habe gerade ein Körperwärmegefühl wie damals. Ich wiege sogar jetzt gleich wie damals nach meinen Abnehm- und Wiederzunehmtorturen. Mir ist jedenfalls ähnlich angenehm kalt.
Wieviel könnte man erleben wenn man jeden Tag knapp 2 Stunden für sich hätte, bevor der Tag richtig losgeht. Wenn man statt tief in die Nacht ins Handy zu glotzen, einfach mal schlafen geht, gleichzeitig mit den Kindern, und dann vor der ganzen Familie, ja, vor der ganzen Stadt aufwacht.
Ich treffe nur eine Person als ich zum Fluss laufe. Eine Junge Frau mit konzentriertem Blick vor die Füße läuft an mir vorbei und hinterlässt eine süßliche Parfümwolke.
5 a. m.
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